Die Kerzenflamme

Faszination - auch für Wissenschaftler

Der berühmte, vielseitige englische Forscher Michael Faraday (1791 - 1867) war vom Kerzenlicht so entflammt, daß er ihm im Jahre 1860 eine Reihe naturwissenschaftlicher Vorlesungen vor Jungen und Mädchen widmete.
Er sagte:
"Alle im Weltall wirkenden Gesetze treten in der chemischen Geschichte einer Kerze zutage oder kommen dabei wenigstens in Betracht, und schwerlich möchte sich ein bequemeres Tor zum Eingang in das Studium der Natur finden lassen."

Seine Beobachtungen und Erkenntnisse wurden als Schrift unter dem Titel "Lectures on the Chemical History of a Candle" veröffentlicht.
Sehen auch wir einmal genau in die Flamme. Allerdings dieses eine Mal nicht verträumt, sondern streng wissenschaftlich:
Wenn wir den Docht einer Kerze anzünden, bringt die von der Flamme ausgestrahlte Hitze das Wachs zum Schmelzen. Das flüssige Wachs steigt durch die Kapillaranziehung am Dacht empor und verdunstet, wenn es das Dochtende erreicht. Dabei werden Kohlenwasserstoffmoleküle freigesetzt.
G. Hänes/A. Schönbucher, Voruntersuchungen zur Anwendung moderner optischer Messmethoden auf Kerzenflammen

Die Kohlenwasserstoffmoleküle werden in kleinere Moleküle zerlegt, die chemisch miteinander und mit dem Sauerstoff der von außen eindringenden Luft reagieren. Feste Kohlenstoffpartikel werden durch die heißen Gase und die von der Reaktionszone ausgestrahlte Hitze - bis zur Weißglut erhitzt. Dieses Weißglühen ruft das warme, gelbliche Licht hervor.
Da eine Kerzenflamme nicht bewegungslos bleiben und die Verbrennung aller Kohlenstoffteilchen nicht hundertprozentig gewährleisten kann, kommt es immer wieder auch zum Entweichen einiger unverbrannter Kohlenstoffteilchen als Rußpartikel. Eine Kerzenflamme kann also nicht als rußfrei bezeichnet werden. Die Rußabgabe wird aber durch optimale Konstruktion der Kerze und funktionsgerechten Materialeinsatz minimiert. Für rußarmes Abbrennen der Kerze ist es außerdem günstig, wenn der Docht eine leichte Krümmung aufzeigt und sich das Dochtende am äußeren Rand der Flamme befindet. Dort herrscht die höchste Temperatur, so daß das Dochtende rückstandsfrei verbrennt. Wie bei jeder unvollständigen Verbrennung von organischem Material entstehen auch beim Kerzenabbrand verschiedene Substanzen der Stoffklasse, "polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe" (PAH).
Professor Dr. G. Grimmer untersuchte 1988 im Auftrag des Verbandes Deutscher Kerzenhersteller, welche Massen an PAH beim Abbrand von gefärbten, lackierten und farblosen Kerzen freigesetzt werden. Für den PAH- Indikator Benzo(a)pyren lagen die gemessenen Werte jeweils in der Größenordnung von 1 milliardstel Gramm/m3 (= (0,000 000 001 g/m3). Dies entspricht Konzentrationen, die auch in Reinluftgebieten gemessen werden. So kann die Schadstoffabgabe beim Kerzenabbrand als ungefährlich angesehen werden. Und wir?
Wir können beruhigt weiter dem leichten Spiel der Flamme zuschauen, uns an ihrer Wärme erfreuen - und träumen!

........ das Bild einer Flamme im schwerelosen Raum  (Aufnahme der NASA)